Familienrecht

Aktuelle Rechtssprechung - Familienrecht

Bonussparvertrag als Schenkung: Im Pflegefall müssen Sparraten für die Enkel an das Sozialamt weitergeleitet werden

Viele Großeltern würden bekanntlich das sprichwörtlich letzte Hemd für ihre lieben Kleinen hergeben. Doch wenn es hart auf hart kommt und Oma oder Opa in ein Heim ziehen, kann das auch zu Lasten der Enkel gehen - zumindest, was Spareinlagen zu ihren Gunsten angeht. Mit einem derartigen Fall hatte das Oberlandesgericht Celle (OLG) zu tun.

Die alte Dame hatte bald nach der Geburt ihrer beiden Enkel angefangen, für diese jeweils 50 EUR pro Monat auf jeweils einem Bonussparvertrag einzuzahlen. Sie verfügte über eine eigene Rente von 1.250 EUR und nach dem Tod ihres Mannes über eine weitere von 540 EUR. Als sie ins Heim kam, vertrat das Sozialamt nun die Auffassung, dass es sich bei den Zahlungen an die Enkel um Schenkungen handle. Und sobald ein Schenker nach Vollzug der Schenkung nicht in der Lage sei, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten, könne er das Geschenk zurückfordern. Da die Heimkosten nunmehr höher als die Summe der Renten waren, lag ein Fall der Verarmung vor, den das Landratsamt nun als Träger der Differenzkosten geltend machte. Die Kinder bzw. deren Eltern machten hingegen geltend, die Oma habe mit den Schenkungen einer sittlichen Pflicht entsprochen bzw. einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht.

Doch dieser Argumentation schloss sich das OLG nicht an. Sittlich geboten sei es nicht, dass für die Enkel ein Sparvertrag über 50 EUR monatlich abgeschlossen wird. Sittlich geboten seien eher Geschenke zu den entsprechenden Feiertagen, um die es hier aber nicht ging und die die Kinder zudem zusätzlich erhielten. Das Verhalten der alten Dame entspreche zudem auch keiner auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass die Frau aufgrund ihrer geringen Einkünfte kaum selbst ein ausreichendes Auskommen habe. Die Zuwendungen der Großmutter mussten deshalb zurückgezahlt bzw. an das Landratsamt für die Heimkosten weitergeleitet werden.

Hinweis: Schenkungen wegen Verarmung des Schenkers sind allerdings nur auszugleichen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Schenkung und dem Eintritt der Bedürftigkeit weniger als zehn Jahre vergangen sind.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 13.02.2020 - 6 U 76/19 zum Thema: Familienrecht (aus: Ausgabe 05/2020)

Einstweiliges Anordnungsverfahren: Gericht darf kein paritätisches Wechselmodell von Amts wegen anordnen

Aus unterschiedlichen Motiven halten Eltern bezüglich der Betreuung ihrer Kinder das Wechselmodell für den richtigen Weg. In der täglichen Praxis sind sie dann mitunter unterschiedlicher Auffassung über die Brauchbarkeit einer solchen Regelung. Spätestens wenn ein Elternteil dann eine Änderung einer entsprechenden Vereinbarung anstrebt, können sich erhebliche juristische Probleme ergeben - so auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Eltern hatten gerichtlich ein paritätisches Wechselmodell vereinbart. Die Söhne (ein und fünf Jahre alt) waren danach am Montag und Dienstag beim Vater, wechselten am Mittwoch zur Mutter und blieben dort bis Freitag. An den Wochenenden lebten die Kinder dann im Wechsel bei einem der beiden Elternteile. Diese Regelung wollte die Mutter gegen den Willen des Vaters ändern und rief dazu das Gericht an. Als es zu keiner Lösung kam und Gutachten einzuholen waren, erließ das Familiengericht von Amts wegen eine einstweilige Anordnung, wonach künftig die Kinder im Wochenrhythmus zwischen den Eltern wechseln sollten. Keiner der Elternteile hatte diese Regelung gewünscht.

Genau aus diesem Grund kippte das OLG auch die Entscheidung, da diese den Bereich der elterlichen Sorge betreffe. In solchen Fällen darf ein Gericht von Amts wegen nur aktiv werden, wenn eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Und da dies hier nicht der Fall sei, habe das Gericht deshalb ohne Antrag eines Elternteils keine Befugnis, aktiv zu werden.

Hinweis: Der Bundesgerichtshof hat Regelungen zum Wechselmodell nicht als solche der elterlichen Sorge bezeichnet, sondern solche des elterlichen Umgangs. Zum Umgang kann das Gericht von Amts wegen wie hier tätig werden. Somit fällt auf: Wenn es um das Wechselmodell geht, so ist etliches unklar. Intensive Beratung ist im Einzelfall vonnöten - aber auch bedachtsames Vorgehen, da mitunter auch Gerichte in dieser Grauzone überfordert sind.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.02.2020 - 2 UF 301/19 zum Thema: Familienrecht (aus: Ausgabe 05/2020)

Kleingerechneter Zugewinn: Um Geldeingänge als Schenkungen ins Anfangsvermögen aufzunehmen, bedarf es eindeutiger Nachweise

Bei güterrechtlichen Auseinandersetzungen ist das Anfangsvermögen jedes Ehegatten zu ermitteln. Die Differenz stellt den individuellen Zugewinn dar. Dass es dann aber nicht immer reibungslos nach dem Motto "Wer mehr hat, zahlt dem anderen die Hälfte dieser Differenz" abläuft, zeigt der Fall, der vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) landete.

Je höher das Endvermögen eines Ehegatten ist und je niedriger das Anfangsvermögen war, desto höher fällt der Zugewinn dieses Ehegatten aus. Wer daraufhin versucht, sein Endvermögen klein- und das Anfangsvermögen großzurechnen, bedient sich gern folgender Hilfe: Was ein Ehegatte während der Ehe von dritter Seite geschenkt bekommen hat, wird - sofern es sich nicht nur um ein Gelegenheitsgeschenk gehandelt hat - zum Anfangsvermögen hinzugerechnet. Also begeben sich Ehegatten im Rahmen güterrechtlicher Auseinandersetzungen gern auf die Suche nach solchen Schenkungen.

In dem hier vakanten Fall machte die Ehefrau geltend, ihre Großmutter habe ihr 20.000 DM geschenkt. Das sei als sogenanntes privilegiertes Anfangsvermögen zu behandeln, erhöhe also ihr Anfangsvermögen und verringere somit ihren Zugewinn. Sie legte auch einen Kontoauszug vor, der eine entsprechende Überweisung der Tante an sie bestätigt. Der Mann wendete ein, sie habe damit zwar den Zahlungseingang nachgewiesen, nicht aber, dass es sich um eine Schenkung gehandelt habe. Dies gelte umso mehr, weil die Überweisung mit dem Betreff "Umbuchung" erfolgt sei.

Dem Verdacht des Mannes schloss sich das OLG an. Ein Zahlungseingang vonseiten der Tante sei nicht einfach so als Schenkung anzusehen, nur weil kein anderer Grund für die Überweisung ersichtlich sei. Wer geltend macht, eine Schenkung sei im Anfangsvermögen zu berücksichtigen, habe nicht nur dem Empfang als solchen darzutun und zu beweisen, sondern auch, dass die Zuwendung schenkweise erfolgt sei. Das konnte die Frau hier nicht.

Hinweis: Güterrecht verlangt gründliche Darstellung und ist arbeitsintensiv. Sich fachlichen Rat zu holen, ist hilfreich bzw. unerlässlich.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.01.2020 - 9 UF 168/19 zum Thema: Familienrecht (aus: Ausgabe 05/2020)

Kontrolle von Gutachten: Persönliche Anhörung des Betroffenen ist im Betreuungsverfahren unerlässlich

Psychische Erkrankungen sowie körperliche, geistige oder seelische Behinderungen eines Volljährigen können eine Betreuung und die Bestellung eines Betreuers erfordern. Dabei ist besonders zu beachten, in welchem Maße der Betroffene selbst zu Gehör zu kommen hat. Dass die Anforderungen der Rechtsprechung hier sehr hoch sind, zeigt im Folgenden einmal mehr der Bundesgerichtshof (BGH).

Die Betroffene kam offenbar mit ihrem Betreuer nicht zurecht und hatte die Aufhebung einer über sie eingerichteten Betreuung sowie jedenfalls einen Betreuerwechsel beantragt. Sie wollte stattdessen von ihrem Ehemann vertreten werden. Das Gericht holte ein neues fachpsychiatrisches Gutachten ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Frau nicht in der Lage sei, dem Ehemann wirksam eine Vollmacht auszustellen. Deshalb müsse die Betreuung fortbestehen. Da offenbar keine Gründe gesehen wurden, den bisherigen Betreuer auszuwechseln, verblieb es bei der bisherigen Betreuerbestellung.

Aber das Gericht hatte rein schriftlich entschieden und die Betroffene nicht persönlich angehört - und da sah der BGH den Verfahrensfehler der vorherigen Instanzen. Es sei laut BGH diese persönliche Anhörung jedoch unerlässlich, um der Kontrollfunktion gerecht zu werden, die das Gericht gegenüber dem Sachverständigen habe. Nur durch die persönliche Anhörung könne vermieden werden, dass das Gericht "blind" dem Sachverständigen folge. Deshalb hat der BGH die Vorentscheidungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Hinweis: Auch wenn der Umgang mit Betreuten mühsam sein kann - der BGH nimmt den Schutz gerade dieser Menschen zu Recht sehr ernst.

Quelle: BGH, Beschl. v. 15.02.2020 - XII ZB 438/19 zum Thema: Familienrecht (aus: Ausgabe 05/2020)

Änderung des Unterhaltsvergleichs: Alle rechtlichen Kinder dürfen bei der Berechnung berücksichtigt werden

Haben sich Beteiligte nach langem Streit darauf verständigt, welcher Unterhalt zu bezahlen ist, handelt es sich bei der Regelung doch immer nur um eine Momentaufnahme. Was gilt, wenn sich die Verhältnisse ändern, beschäftigt die Rechtsprechung immer wieder - so auch den Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Streitfall.

Ein Mann hatte für zwei Kinder Unterhalt zu zahlen, der durch eine gerichtliche Entscheidung festgelegt wurde. Zudem war der Mann Vater eines weiteren Kindes aus einer anderen Beziehung. Der Unterhalt für dieses Kind wurde durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich fixiert. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses war der Mann erneut verheiratet - und Vater eines weiteren Kindes. Als Basis für die Höhe des aufgrund des Vergleichs zu zahlenden Unterhalts wurde das seinerzeit aktuelle Einkommen des Mannes zugrunde gelegt. Jahre später ergab sich eine unverschuldete Einkommensreduktion des Mannes, der daraufhin eine Herabsetzung des zu zahlenden Unterhalts verlangte. Da sich die Veränderung der Umstände nach Vergleichsabschluss ergeben hatte, drang der Mann mit dieser Überlegung durch. Fraglich war jedoch, dass das vierte Kind des Mannes bei der Bestimmung der Unterhaltshöhe im Vergleich völlig unberücksichtigt blieb. Konnte der Mann nun erstmals geltend machen, es bei der Neufestsetzung zu berücksichtigen, obwohl er das ja auch schon damals hätte vorbringen können?

Langer Vorlauf - kurzes Ende: Ja, das kann er in den Augen des BGH durchaus. Denn selbst, wenn der Mann seinerzeit das Kind mit bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt hätte, wäre derselbe Unterhalt für das andere Kind herausgekommen.

Hinweis: Eine Besonderheit des Falls war: Das vierte Kind aus der Ehe des Mannes war zwar rechtlich seins, nicht aber leiblich. Die Anfechtung der Ehelichkeit hätte zu mehr Unterhalt für die anderen Kinder geführt. Eine Verpflichtung zur Ehelichkeitsanfechtung verneint der BGH aber ausdrücklich.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.02.2020 - XII ZB 580/18 zum Thema: Familienrecht (aus: Ausgabe 05/2020)
Share by: